Unser Reiseleiter Günther Krumpen war vor einigen Wochen auf Entdeckungsreise in diesem bisher wenig bekannten Land Osteuropas. Lesen Sie hier seinen Bericht.

Was wissen Sie über Bulgarien?

Klar, Bulgarien liegt im Osten der Balkan Halbinsel und Sofia ist die Hauptstadt. Was weiß man noch? Ehrlich gesagt, nicht viel. Das Land hat rund 8 Millionen Einwohner und ist so groß wie etwa Bayern und Baden-Württemberg zusammen. Im Norden begrenzt das Balkangebirge mit über 2000 m hohen Bergen das Land bevor es zur Donauebene abfällt. Im Süden ist es das Rhodopengebirge und im Südwesten sind es Rila- und Piringebirge. Ganz schön viel Gebirge, und fast immer über 2000m hoch. Trotzdem sind zwei Drittel des Landes Tiefebenen, die im Osten ans Schwarze Meer grenzen. Dort ist dann auch, an Sonnenstrand und Goldstrand, die Tourismusregion des Landes. Man spricht bulgarisch und kann als Mitteleuropäer nichts lesen, da kyrillisch geschrieben wird. Die weitaus größte Mehrzahl der Bulgaren bekennt sich zur bulgarisch-orthodoxen Kirche. Die Geschichte geht zurück bis in die Jungsteinzeit aber als der Beginn der Staatlichkeit wird das Jahr 632 gesehen. Die Jahrhunderte bis heute haben dem Land eine wechselvolle Geschichte beschert. Vom Osmanischen Reich über den Warschauer Pakt bis zum EU-Mitglied hat Bulgarien einen langen und oft mühevollen Weg gehabt. Soweit so gut.

Und die Kultur? Was interessiert uns heute? Weshalb reisen wir nach Bulgarien?

Von Frankfurt fliegt man in 2 Stunden nach Sofia. Die Einreise im modernen Flughafen ist problemlos: Personalausweis genügt. Man ist schon am frühen Nachmittag im Hotel und hat noch etwas Zeit oder macht schon erste Besichtigungen mit dem Stadtführer. Und am Abend kann man – Vorstellungen vorausgesetzt – gut einen Opernbesuch einplanen, ein wunderbares Erlebnis, das man sich nicht entgehen lassen sollte. Schon in den 20er Jahren des letzten Jahrhunderts geplant, ist die Oper erst nach dem 2. Weltkrieg tatsächlich erbaut worden. Ein ahnsehnliches Bauwerk, das mit seiner Fassade griechischen Stil imitiert und im Innern Anklänge an Barock zeigt.

Am Besten beginnt man in Sofia mit dem Nationalmuseum um in die Geschichte des Landes eingeführt zu werden. Danach eine Führung durch die Stadt mit der Alexander-Newski-Kathedrale, der Sofienkirche und der St. Georgs-Rotunde. Die Altstadt und das moderne Sofia mit Parlament und Präsidentenpalast dürfen nicht fehlen. Die Boyana-Kirche, am Berghang über der Stadt gelegen ist Weltkulturerbe der UNESCO. Nicht der unscheinbare Kirchenbau ist das Ziel, sondern die herrlichen Fresken aus dem 13.Jh., eines der am besten erhaltenen Beispiele osteuropäischer Kunst. Mit maximal 8 Personen zeitgleich und maximal 10 Minuten Besuchsdauer versucht man, den konservatorischen Ansprüchen gerecht zu werden. Ein Abendessen in der nahe gelegenen Wassermühle mit bulgarischer Küche kann den Tag abschließen.
Das Rila-Kloster, etwa 120 km südlich der Hauptstadt ist ein besonderes Erlebnis für alle Besucher. Gegründet im 10. Jh. gilt es als eines der bedeutendsten orthodoxen Klöster und ist seit vielen Jahren als Weltkulturerbe auf der UNESCO-Liste. In einem Seitental auf fast 1.200m Höhe gelegen, ist es in seiner heutigen Gestalt 1837 geweiht worden. Das beeindruckende Bauwerk diente einst 300 Mönchen als Heimat, heute sind es noch acht Mönche, die dort leben und frommen Pilgern auch eine einfache Unterkunft bieten. Die Kirche ist vollkommen mit Fresken und einer großen Ikonostase ausgeschmückt. Das kleine aber feine Museum gibt einen beachtlichen Überblick über die Geschichte des Klosters.

Das Rila-Kloster ist das größte der bulgarischen Klöster. Zwei weitere bedeutende religiöse Pilgerstätten kann man auf dem weiteren Reiseweg besuchen, ohne dass hier besonders darauf eingegangen werden soll: das Trojan-Kloster und Bachkovo-Kloster.

Plovdiv ist die zweitgrößte Stadt Bulgariens und es gibt Zeugnisse menschlicher Besiedlung von vor über 7000 Jahren. Bevor im 5. Jh. die Slawen die Region besiedelten und später das Land zum osmanischen Reich gehörte, waren schon die Römer dort. Das gewaltige und gut erhaltene Amphitheater oberhalb der Stadt lockt im Sommer bis zu 7000 Menschen am Abend zu den Opernaufführungen. Das römische Stadion am Ende der Fußgängerzone ist teilweise freigelegt und für Besucher einsehbar. Die Altstadt von Plovdiv mit vielen Häusern aus dem 18. und 19. Jh. ist ebenso sehenswert wie die orthodoxe Sveti-Konstantin-i-Elena-Kirche mit wertvollen Ikonen.

Zur Kultur eines Landes gehört auch sein Wein, der jahrhundertealter Tradition entspringt. Wer hat schon bulgarischen Wein probiert? Ich sage Ihnen, er ist köstlich, wird vielerorts im Lande angebaut und eine Weinprobe muss Teil einer Bulgarienreise sein. In der Umgebung von Plovdiv beispielsweise findet man nicht nur guten Wein sondern auch wunderbare Weingüter um ihn zu probieren.

Nördlich Plovdiv liegt das „Tal der Rosen“. Dieses breite, in Ost-West-Richtung verlaufende Tal gilt als größtes Anbaugebiet für Rosen zur Erzeugung von Rosenöl. Schon im frühen 18.Jh. begann hier der Anbau der Damaszener-Rosen für die Rosenölproduktion. Heute werden über 70% des weltweiten Bedarfs an Rosenöl – vorwiegend für die Parfüm- und Kosmetikherstellung – in diesem Tal erzeugt. Zur Zeit der Rosenblüte im Mai und Juni ist die Landschaft erfüllt vom Duft der Rosen und wenn die mühsame Ernte vorbei ist, feiert man Anfang Juli in Kazanluk das „Fest der Rosen“.

Kazanluk muss man noch aus einem anderen Grund während der Reise besuchen. Von den vielen thrakischen Gräbern, deren gewaltige Grabhügel man heute in der Umgebung noch sehen kann, ist das in Kazanluk seiner Bedeutung entsprechend auch als Weltkulturerbe von der UNESCO anerkannt. Die wunderbaren Fresken zeigen die Bedeutung, die dem Verstorbenen zu seinen Lebzeiten beigemessen wurde. Aus konservatorischer Sicht ist es nicht zu verantworten, das Grab der Öffentlichkeit permanent zugänglich zu machen. Eine exakte Kopie in unmittelbarer Nähe muss für den interessierten Besucher ausreichen. Das örtliche Museum gibt weitere Einblicke in die geschichtliche Bedeutung dieser Region. Etwas entfernt von Kazanluk leuchten am Aufstieg zum Schipka-Pass die goldenen Kuppeln der Memory Church in der Sonne. Die Kirche ist zur Erinnerung an die gefallenen russischen Soldaten erbaut worden und ein lohnendes Ziel.

Etwa 100 km nördlich liegt Veliko Tarnovo reizvoll an den steilen Hängen des Jantra-Flusses, der sich hier in vielen Schleifen durch das Tal windet. Im 12. bis 14. Jh. war die Stadt einmal Hauptstadt des Bulgarischen Reiches. Heute laden kleine Handwerksläden zum Bummeln ein und erinnern an die glanzvolle Zeit des 19. Jh., als in Veliko Tarnovo Handwerk und Handel die Stadt weit über die Landesgrenzen hinaus bekannt machten. Der Zarevezhügel mit den Ruinen des alten Zarenpalastes ist im wahrsten Sinne des Wortes einer der „Höhepunkte“ der Stadt – mit einem herrlichen Blick über Stadt, Land und Fluss. Viele Kirchen und Klöster in der Umgebung lohnen einen Besuch. Man darf Veliko Tarnovo nicht verlassen, ohne vorher im benachbarten Arbanassi gewesen zu sein. In den Reiseführern vielleicht etwas zu euphorisch beschrieben, weil heute mehr und mehr durch die modernen Paläste reicher Bulgaren geprägt. Die Christi-Geburt-Kirche ist allerdings jeden Umweg wert. Das äußerlich ungewöhnliche und schmucklose Gotteshaus ist mit seinem farbenprächtigen, die ganz Kirche beherrschenden Bildprogramm ein großartiges Erlebnis. Dieser letzte Eindruck bleibt haften, bevor man auf meist gut ausgebauter Strasse wieder nach Sofia zurück fährt.

8 Tage sollte man für so eine Reise einplanen. Ein paar kleine zusätzliche Besichtigungsmöglichkeiten unterwegs sind hier nicht erwähnt aber möglich. Bulgarien mag uns fremd und weit entfernt erscheinen, aber es ist einfach zu erreichen und einfach zu bereisen. Man wird um ein wundervolles Erlebnis reicher.“

 

Bilder: Copyright by Günther Krumpen