Ein Bericht von Stephan Sonnen, Teilnehmer unserer Iran-Informations-Reise für Gruppenleiter

Sommer 2014

Schon länger hatten Britta und ich den Wunsch nach einer Reise ins Land von Tausendundeiner Nacht. Verstärkt wurde der Wunsch durch den Film über den Medizinstudenten Rob, der sich im England des Mittelalters auf den Weg ins ferne Isfahan macht um dort bei dem führenden Medicus, Ibn Sina, zu studieren. Der Roman „Der Medicus“ von Noah Gordan aus den Achtzigern kam im Dezember 2013 mit einem großartigen Ben Kinsley in die Kinos. Da wollten wir hin. Der Zufall wollte es, dass unser Stammreisebüro Conti-Reisen aus Köln eine 9-tägige Reise im November in den Iran anbot. Kurzentschlossen meldeten wir uns an.
„Sie müssen dann aber den ganzen Tag ein Kopftuch tragen!“ warnte Katja Bergerhoff, unsere Ansprechpartnerin bei Conti, Britta in einem ausführlichen Telefonat über die Reise. Sie war aber bereit für den Besuch des faszinierenden Ziels dies in Kauf zu nehmen. Reisepässe wurden gecheckt, Visa beantragt, Formulare ausgefüllt. Bei Verbündeten des Erzfeindes USA gehen die Mullahs auf Nummer sicher. Reiseführer wurden besorgt, Routen auf Google Maps abgefahren, Verrückt, wir fahren in den Iran, das Land Khomeinis und Ahmadinedschads. Ein bisschen mulmig war uns ja schon.

Montag, 17. November  – Mörsenbroich – Köln – Istanbul – Shiraz

Von Köln über Istanbul ging es endlich los. Wir wurden von Angela Rees von Conti in Empfang genommen. Sie leitet das Büro in Stuttgart, ist sehr sympathisch, spricht akzentfreies schwäbisch und verfügt neben ihrem Humor über einen schier unerschöpflichen Vorrat an Werthers Echten. Beim Stopp in der Business-Lounge in Istanbul lernten wir die überwiegend älteren Mitreisenden bei einem letzten Glas Wein schon einmal näher kennen. Bei der Ankunft im Iran zeigte die Uhr 3 Uhr morgens Ortszeit. Karan, unser Reiseleiter, erwartete uns hinter der recht langwierigen Passkontrolle. Unsere Tour startete in Shiraz, einer Provinzhauptstadt im Süden des Landes, das etwa viereinhalb Mal so groß ist wie Deutschland. Das Hotel zeugte vom Charme einer Jugendherberge der frühen Siebziger, der Service war aber sehr bemüht.

Dienstag, 18. November – Shiraz

Nach einer sehr kurzen Nachtruhe in einem überhitzen Zimmer ohne Kühlungsmöglichkeit und nächtlichen Bauarbeiten unterhalb des Fensters, begann unser Programm. Bedingt durch das Handelsembargo werden im Iran keine Kreditkarten akzeptiert, das hieß, wir mussten genügend Euro in bar mitnehmen, um sie vor Ort zu tauschen. Nach dem Besuch der Wechselstube waren wir Millionäre: der Wechselkurs des Rial steht zurzeit bei 1: 40.000 (die Inflationsrate liegt bei 15, die Zinsen bei über 20 %). Die umgetauschten 200 € entsprachen also 8 000 000 Rial und sollten locker für die gesamte Zeit reichen.

Die Zitadelle des Sultans Karim Khan war als Einstieg ganz nett, warf aber niemanden vom Hocker. Bemerkenswert fanden wir, dass eine Horde Mädchen im Alter von etwa 8 – 10, die ebenfalls die Zitadelle besuchten, uns mit einem aufgeregten „Hello, Hello“ begrüßten und uns unter ihren Kopftüchern anstrahlten. Die wirkten gar nicht unterdrückt. Sollten unsere Klischees wankten? Die Wakil-Moschee (1772 vollendet) direkt neben dem gleichnamigen Basar war das nächste Ziel und zum ersten Mal während unserer Erkundungen sahen wir die prachtvollen Mosaikfassaden, die die islamische Architektur so auszeichnen. Die Besichtigung einer Koranschule und der sehr schönen Rosenmoschee rundeten den Tag ab, der mit einem Abendessen in einem anderen Hotel endete.

Mittwoch, 19. November – Persepolis

„Och nee, schon wieder kaputte Steine!“, monierte die Frau in meinem Leben. Anfang Oktober in Rom musste sie schon das Forum Romanum über sich ergehen lassen und nun fuhren wir 60 km in die achämenidische Residenzstadt Persopolis („Stadt der Perser“), die 331 v. Chr. von der Armee Alexander des Großen dem Erdboden gleichgemacht worden war. Die Sonne schien von einem wolkenlosen Himmel als wir das riesige Plateau erklommen. Wir erkundeten den Hundertsäulensaal, die Paläste so ferner Herrscher wie Darius und Xerxes sowie die Delegation der Völkerschaften, ein sehr gut erhaltenes Steinrelief enormen Ausmaßes. Wenige Kilometer weiter befanden sich die Felsengräber von Naqsh-e Rostam, wo die Perserkönige Xerxes, Artaxerxes sowie Darius I. und II. seit über 2300 Jahren ihre letzte Ruhe gefunden haben. Zurück in Shiraz besuchten wir die Parkanlage Bagh-e Eram, die auch noch jetzt im Herbst ihren Reiz hatte. Zum Ende des Tages ging es noch zu den Gräbern der persischen Dichterfürsten Hafis und Saad, die beide in Shiraz wirkten und unsere Dichterfürsten beeinflusst haben.

Donnerstag, 20. November – Shiraz – Pasargarde – Yazd

Nach der dritten Nacht verließen wir nun die Stadt, die der Rotweintraube Shiraz den Namen gab. Es ging Richtung Yazd, eine Wüstenstadt in Richtung Nordosten. Die Perser waren nun mal ein Großreich und so hatten sie in Pasargarde eine weitere Residenzstadt, von der allerdings außer dem Grab des Kyros nur noch ein paar Steine ziemlich lose in der Gegend rumliegen. Was soll‘s, es lag auf dem Weg und wir picknickten bei strahlendem Sonnenschein und angenehmen 21°. Insgesamt hatten wir an diesem Tag rund 400 km zu bewältigen, was mit dem sehr geräumigen Bus kein Problem war. Unser Fahrer Hassan, unterstützt durch Beifahrer Mohammed, kutschierte einen Hyundai-Bus mit nur drei Plätzen pro Reihe und jede Menge Fußraum durch die endlosen Wüsten. Einen Zwischenstopp gab es noch bei einer 4.000 Jahre alten (!) Zypresse, wo wir uns gleichzeitig von den „phantastischen“ öffentlichen Toiletten ein Bild machen konnten. Das gute alte Stehklo ist im Iran Standard.

Freitag, 21. November – Yazd – Isfahan

Das Hotel in Yazd war sehr schön und im Stil einer Karawanserei gebaut. Etwas außerhalb der Innenstadt sahen wir uns die Türme des Schweigens an, die den Zoroastriern bis in die 1970er Jahre als Bestattungsstätte dienten. Diese vorchristliche Glaubensrichtung legte ihre Verstorbenen ins Freie und bestatteten die Knochen, wenn die Aasgeier ihr Werk vollendet hatten. Hhhhmmm. Das höchste Doppelminarett Irans bildet den Eingang zur Freitagsmoschee, die wir im Anschluss besuchten. Beim Gang durch die Altstadt sahen wir ein paar Jungs beim Fußballspielen zu und genossen die tolle Aussicht auf das Minarett von der Dachterrasse des Mittagsrestaurants. Nun ging es weiter nach Isfahan (etwa 400 km), wobei die Strecken zwischen unseren Stationen generell nicht sehr viel Abwechslung boten. Die Landschaft auf unserer Strecke bestand zu 80 % aus Wüste – und der Rest war überwiegend Geröll. Bei einem Zwischenstopp in Nain, wo wir einer ziemlich maroden Moschee aus dem 10. Jahrhundert einen Besuch abstatteten, entdeckten wir im Vorbeifahren einen Farbenladen mit einem Caparol-Schild. Der Elefant ist überall. Der Laden war zu – es war ja Freitag.

Samstag, 22. November – Isfahan

Nachdem der Ruf Lā ilāha illā ʾllāh des Muezzins von den Spitzen der Minarette erklungen war, führte uns die Tour durch Isfahan in die Regierungszeit der Safawiden und damit ins 17. Jahrhundert. Zuerst fuhren wir zu zwei sehr schönen Brücken über den Zayandehrud, den Fluss durch Isfahan. Die Pol-e Khadju war eine architektonisch sehr anspruchsvolle Brücke mit zweigeschossigen Bogenreihen, die zweite Brücke, die sogenannte 33-Bogen-Brücke, war nicht weniger reizvoll. Die Zahl 33 bezieht sich dabei auf die Lebensjahre des Propheten Isa, den Christen besser als Jesus bekannt. Bevor wir dann den Meydan-e Imam, den zentralen Platz der Stadt, erreichten, machten wir noch einen Abstecher zum Vierzig-Säulen-Palast, ein prachtvolles Empfangsgebäude einer Parkanlage. Dann kamen wir auf den Platz des Imam – welch ein Blick! Ibn Sina und seine Studenten konnten nicht weit sein. Rings umgeben von doppelstöckigen Arkaden misst der Meydan 500 Meter Länge und 150 Meter Breite. Er zählt nicht nur zu den größten sondern zweifelsohne auch zu den schönsten Plätze der Welt. Irre. An ihm sind dann vier weitere Sehenswürdigkeiten gelegen: der Ali Qapu-Torpalast, die Imam-Moschee, die Frauenmoschee und der Basar. Den restlichen Tag verbrachten wir dort, tranken bei zwei sehr netten Mädels den besten Kaffee der Reise und sahen den Platz zum Abschluss des Tages noch im Dunkel. Wir spürten den Orient. Beim Abendessen hatte ich noch ein spannendes Gespräch mit Mehmet von Turkish Airlines, der uns als Flüge-Sponsor begleitete, über Allah, Gott und die Welt. Er weiß nun, was es mit dem Heiligen Geist auf sich hat und ich weiß, dass er die Gebote des Korans deshalb befolgt, weil er Angst hat, nicht in den Himmel zu kommen, wo ihn ja 72 Jungfrauen erwarten.

Sonntag, 23. November – Isfahan – Teheran

Passend zum Wochentag gab es endlich mal eine Kirche: im armenischen Viertel befindet sich die Vank-Kathedrale. Die Armenier waren von Abbas dem Großen als Handwerker nach Isfahan geholt worden und besitzen bis heute das Recht, ihre Religion auszuüben. Karan hatte anschließend noch eine Moschee im Köcher. Nach dem Besuch der Freitagsmoschee machten wir uns dann auf den etwa 400 km weiten Weg nach Teheran, wo es im Hotel ein Abendessen mit lauwarmem alkoholfreiem Bier in einer Art Bahnhofsvorhalle gab. Alkohol ist im Übrigen im Iran generell und überall verboten.

Montag, 24. November – Teheran

Mitten im Zentrum von Teheran liegt der Golestan-Palast in einer großen Parkanlage mit Rosengarten, den wir am Morgen besichtigten. Langsam kam es bei mir zu den ersten Ermattungserscheinungen und so war ich froh, als Britta und ich zusammen mit dem sehr netten Ehepaar Lotter aus Würzburg entschieden, uns nach dem Mittagessen auszuklinken. Wir gingen ins Museum für zeitgenössische Kunst, welches über zahlreiche Werke der bekanntesten Künstler wie Picasso, Dali oder Miro verfügt. Diese Werke, die vor der islamischen Revolution noch von Shah Reza Pahlewi angeschafft wurden, befanden sich bei unserem Besuch allerdings im Depot. Den sehr angenehmen Nachmittag mit tollen Gesprächen beendeten wir mit einem Abstecher auf einen kleinen Markt und einem Tee mit Kuchen. Die anschließende Taxifahrt zum Hotel mit einem Fahrer der, wie die meisten Perser, kein englisch sprach, zeigte uns, dass man auch auf einer dreispurigen Straße mit fünf Autos nebeneinander fahren kann. Irgendwie klappt dort, was bei uns für Chaos sorgen würde.

Dienstag, 25. November –  Teheran – Istanbul – Köln – Mörsenbroich

Wecken war um Mitternacht, da wir um ein Uhr morgens zum Flughafen mussten. Zwischen Duschen und Kofferpacken verfolgte ich noch Fortunas 3:3 gegen Fürth per Handy-Live-Ticker, das wegen der zweieinhalbstündigen Zeitverschiebung um diese Zeit noch lief. Am Imam-Khomeini-Flughafen verabschiedeten wir uns von Karan, Hassan und Mohammed, die uns in dieser Woche sehr ans Herz gewachsen waren. Recht pünktlich ging es dann gegen 5 Uhr 20 nach Istanbul, wo ursprünglich ein mehr als achtstündiger Aufenthalt bis zum Flug nach Köln nötig gewesen wäre. Zum Glück konnte uns Mehmet auf einen direkten Anschlussflug umbuchten und so landeten wir, müde aber froh, nach rund 14 Stunden Reisezeit um 11 Uhr 11 in Köln.

Zusammenfassend kann man sagen, dass der Iran eine Reise lohnt. Man muss sich von Vorurteilen, Klischees und einseitigen westlichen Presseberichten lösen und die wahnsinnig netten Menschen auf sich wirken lassen. Die Moscheen sind überwiegend sehr monumental und gleichen sich irgendwann. Das gleiche würde ein Moslem beim Besuch von zehn gotischen Kathedralen in fünf Tagen aber sicher auch empfinden. Wir kamen jedenfalls mit dem frohen Gefühl nach Hause, vieles Neues gesehen zu haben und haben die Gespräche mit den Mitreisenden als sehr bereichernd empfunden.

Stephan Sonnen, 25. – 29.11.2014

 

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Bilder: Copyright by Dr. Schneider, Conti-Reisen